Effiziente und lebendige Onlinemeetings – Tools und Praxistipps Teil 1
Onlinemeetings stehen und fallen mit durchdachter Vorbereitung, klarer Struktur, sinnvollen Spielregeln, aktiver Leitung und einer ebenso wertschätzenden und präzisen Moderation. Effiziente und lebendige Onlinemeetings – Tools und Praxistipps Teil 1. Hier erfahren Sie, worauf es ankommt.
Wenn Sie bislang schon eine „Meetingkultur“ gepflegt haben, bei der Agenda gesammelt und rechtzeitig ausgemailt wurde, Unterlagen vorab zugesandt und auch gelesen wurden, im Meeting Spiel-regeln galten, das Meeting erkennbar geleitet wurde, Moderationstools eingesetzt wurden, um effizient zu diskutieren und konsensual zu entscheiden – dann wird es Ihnen leichter fallen, diese Elemente in den virtuellen Raum zu übersetzen. Die schlechte Nachricht ist: Wenn Sie all dies nicht hat-ten, dann fliegt Ihnen dies in Onlinemeetings möglicherweise stärker um die Ohren und frustriert Ihre Meetingteilnehmenden noch stärker als es das bisher schon tat.
Vorbereiten heißt planen sowie technische und inhaltliche what-ifs überlegen
Es beginnt mit rechtzeitiger Einladung und klarer Ablaufplanung: Eine einfache dreispaltige Struktur hilft schon enorm: Einmal die Themen in Reihenfolge, daneben die dafür vorgesehene Zeit und rechts davon ein Kürzel wie z.B. „E“ für Entscheidung, „D“ für Diskussion und „I“ für Information. Oder „I“ für Input und „Q & A“ für Questions and Answers.
Alles, was nur der Information dient, sollte idealerweise vor dem Meeting ausgeschickt werden – mit genügend Zeit bis zum Meeting, um es in Ruhe zu sichten oder lesen: Präsentationen, Berichte, Fore-casts, Protokolle, Projektskizzen u.Ä.m. Eine sehr alte, goldene Regel, die durch Beschleunigung und Workload in den letzten 15 Jahren in Vergessenheit geriet, lautete: Keine Meetingzeit mit Information verschwenden. Der Satz wies deutlich darauf hin, dass die gemeinsam freigeräumte Zeit aller An-wesenden so überaus teuer und wertvoll ist, das sie nur für Punkte genutzt werden sollte, die in dieser Runde gemeinsam zu besprechen, zu bearbeiten oder zu entscheiden sind. Die alte Regel lebt gerade wieder auf, denn: Onlinemeetings erfordern ein Höchstmaß an Konzentration. Die meisten Menschen empfinden eine halbe Stunde konstantes Zuhören und Hinstarren auf einen PC-Schirm als ebenso anstrengend wie eine ganze Stunde Anwesenheit im Reallife-Meetingraum. Werden auch noch lange Berichte oder Protokolle im Input verlesen, wird es online schnell unerträglich.
Spielregeln – nicht alle werden online überflüssig
Alle, die schon einmal auch nur für 1 Minute in Onlinemeetings dabei waren, wenn durcheinander gesprochen wurde, werden überrascht festgestellt haben, dass sich das Thema Unterbrechen fast von alleine erledigt. Ein Über- und Durcheinanderreden verursacht in Sekunden derartiges Kopfweh, dass im Gegensatz zum Reallife Meeting der Wunsch, es möge geregelt kommuniziert werden, sofort an den/die Meetingleitende/n herangetragen wird. Selbst in Teams und Zirkeln, die ansonsten eine Kultur des Reinrufens oder Dazwischenredens haben, kommt der Wunsch auf, der/die Sitzungleitende möge doch bitte geordnet aufrufen. Ob dies nach gesammelten Chatfragen erfolgt oder durch spontanes Aufzeigen, weil alle Köpfe im Bild sind, hängt i.d.R. von der Anzahl der Teilnehmenden ab. Teams und Adobe Connect ermöglichen z.b. auch das virtuelle Hand heben. Effiziente und lebendige Onlinemeetings hängen auch davon ab, wie gut die vorgegebenen Tools genutzt und Spielregeln adaptiert werden. Wer Bildschirm teilt, um Präsentationen oder Videos zu zeigen, muss entweder darauf achten, die Gesamtansicht so einzustellen, dass er/sie noch das Menü sieht, in welchem gehobene Hände für Verständnisfragen aufscheinen. Oder Sie vereinbaren, dass überwiegend der Chat genutzt wird, um Fragen entlang der Präsentation zu sammeln. Oder dass jederzeit Teammitglieder sich selbst unmuten und mündlich Fragen stellen dürfen.
Über die Art der Wortmeldungen hinaus, sollten auch Umfang von Kaffee- und Toilettenpausen oder Benachrichtigungen bei kurzen Abweseneheiten geregelt werden. Auch ein Abweichen von der Tagesordnung gehört hier anfangs besprochen, ebenso der strikte oder elastische Umgang mit den geplanten Zeitfenstern. Und ob, wie und wo Themen weiterverfolgt werden, die heute keinen Platz finden oder zu vertiefen sind.
„A Fool with a Tool is still a Fool“
Das soll heißen, dass es natürlich einen Unterschied macht, ob Sie Ihr Meeting mit einer reinen Videokonferenz-Software gestalten, die soz. Bildtelefonie im Plenum ermöglicht oder eines der Tools einsetzen, die in den letzten Monaten populär wurden. Ob sie Meetingräume einrichten, die mit Warteraumfunktion betreten werden können, Breakoutrooms für Unterdiskussionen anbieten, Chats und interaktive Whiteboards vorsehen – all das schafft eine Fülle von interaktiven Varianten. Es nützt Ihnen jedoch nur etwas, wenn Sie sich mit diesen Tools wirklich durchdringen, sich auf ihren Einsatz gut vorbereiten, vorab simulieren und praktisch üben.
Ein einfacher, aber sehr wirkungsvoller Tipp lautet, 10 Min. Vorlauf einplanen, bzw. Teilnehmende früher versammeln, um das technische Set up, „entmuten“, ggf. nochmaliges Wiedereinwählen, Testen der Bandbreite für Ton und Bild (sonst nur Ton) u.Ä.m. einzurichten. Dabei stellen Sie auch fest, bei wem heute die Leitung wackelt, wer ausnahmsweise nur vom Handy aus dabei ist u.Ä.m.
Effiziente und lebendige Onlinemeetings mit vielen Teilnehmer*innen oder viel Agenda empfiehlt es sich dringend, die Rolle der technischen und inhaltlichen Moderation zu trennen. Wer aus der Leitung gefallene Teilnehmende wieder in den Waiting Room einlassen muss, weil das Meeting so konzipiert wurde, kann nicht gleichzeitig eine Diskussion am interaktiven Whiteboard verschriften und dabei noch den Chat im Auge haben und Fragen beantworten.
Inputs beschränken und Unterlagen extrem sparsam einsetzen
Aus meiner jahrelangen Erfahrung mit Präsenzseminaren in post-grad Masterlehrgängen, weiß ich, dass Menschen, die nach Feierabend bzw. an Wochenenden nach einer Vollzeit-plus-Arbeitswoche eine Zusatzausbildung machen, ihre Aufmerksamkeitsspanne kaum über 10 Minuten am Stück voll konzentriert aufrecht erhalten können. Dieser Richtwert lässt sich m.E. gut auf Onlinemeetings über-tragen. Denn in einem Acht- bis Zwölfstundenarbeitstag ist Ihr Meeting häufig ja nicht das einzige, woran jemand teilnimmt.
Für das Sprechen eines/einer Inputgebenden empfiehlt es sich, 10 Minuten am Stück nicht zu über-schreiten. Max. 20 – 30 Minuten Inputlänge dann, wenn interaktiv Zwischenfragen gestellt werden können. Dann sollten Sie es aber auch gestatten, dass man sich zurücklehnt / -zieht, es sich z.B. im Home Office am Sofa bequem macht und Ihrer Präsentation à la Radiosendung lauscht.
Zudem gilt: Eine Person, die frei spricht und etwas verständlich vermittelt und erklärt, bindet leichter die Aufmerksamkeit als ein geteilter Screen mit Folien. Und – auch wichtig: Beides nebeneinander funktioniert nicht! Wenn Sie Tools einsetzen, die es möglich machen, dass Ihr Kopf für alle sichtbar bleibt und zugleich Ihren Schirm mit Diagrammen, Statistiken oder anderem Anschauungsmaterial teilen, sind Letztere unterhalb von 32“ Schirmen selten noch gut erkennbar. Und auch wenn Sie vor einem solchen sitzen, werden viele Ihrer Meetingteilnehmenden nur einen Laptop verwenden.
Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Ted Talks! Wenn Sie es ausprobieren, werden Sie merken, dass es erstaunlich oft möglich ist, auch komplexere Zahlen, Grafiken, Auswertungen, Forecasts und Zusammenhänge zu beschreiben. Schildern Sie, was zu sehen wäre und benennen Sie die Quintessenz daraus. Die detaillierten Unterlagen können Sie ohnehin schriftlich zur Verfügung stellen. Diese Variante ist wirkungsvoller und erhöht die Aufmerksamkeit. Bei ständigem Hin- und Her“zappen“ zwischen dem Gesicht der/des Sprechenden und ihren Powerpoint- oder Excelsheets sinkt diese. Wenn lange nur noch der geteilte Screen mit Ihren Sheets zu sehen ist, laufen Sie Gefahr, die anderen Teilnehmenden ganz zu verlieren. Effiziente und lebendige Onlinemeetings erreichen Sie, wenn Sie soviel „virtuelle Präsenz“ herstellen wie möglich.
Meine 10 goldenen Regeln:
- Wenn es irgend geht, keine Meetings über zwei Stunden Länge ansetzen.
- Je länger es dauert, desto genauer die Ablaufstruktur planen
- Technische what-if-Szenarien simulieren und Lösungen überlegen
- Mindestens 10 Min. zusätzlich vorab oder am Beginn für Setup und technisches „Landing“ einplanen
- Fallweise die technische Leitung und inhaltliche Moderation trennen.
- Eigenen Input und Moderationsrolle trennen bzw. bei eigenem Input Moderationsaufgaben abgeben
- Spielregeln vereinbaren und einhalten bzw. ihre Einhaltung belohnen oder sanktionieren
- Input beschränken, portionieren und die Notwendigkeit von „Folien“einsatz hinterfragen
- Im Wechsel damit interaktive Formate und Tools für Diskussion und Meinungsbildung so vorbereiten und einsetzen, dass sie das Meinungsbild gut visualisieren und die Effizienz gegenüber redundanten plenaren Im-Kreis-Diskussionen merkbar steigern
- Regelmäßig Erfahrung austauschen über eingesetzte Moderationsformate und Tools, um eine Online-Meetingkultur zu entwickeln
Hier lesen Sie in Teil 2, wie Sie Diskussionen führen, Stimmungs- und Meinungsbilder online abfragen, abstimmen und Entscheidungen treffen. Zum Thema Virtuelle Meetings und Projektmeetings effizient und lebendig gestalten bietet Susanne Schwanzer und ihre Kooperationspartnerinnen auch regelmäßig Seminare und Vorträge an. Einige der hier erwähnten Tools und Praxistipps von Susanne Schwanzer finden Sie in diesem Vortrag zum Thema „Virtuelle Führung – Führung auf Distanz“.
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